Vollstreckung – Durchsuchungsbeschlüsse

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Inhaltsverzeichnis
  1. Allgemeines
  2. 'Die „Story“ in Kurzfassung
  3. Urteile / Ergebnisse
  4. Mandanten / Verfahren
  5. Personen
Vollstreckung1.jpg
Entscheidung(en): Amtsgericht Bergheim 15.09.1992 36 bM 58/91
Amtsgericht Bergheim 29.08.1990 36 bM 209/90
Landgericht Köln 03.02.1992 19 T 257/91
Landgericht Köln 04.01.1990 19 T 16/90
Landgericht Köln 06.01.1992 19 T 109/32
Landgericht Köln 05.08.1992 6 T 178/92
Landgericht Köln 06.04.1992 19 T 109/92
Landgericht Köln 08.11.1999 6 T 48/92
Landgericht Köln 09.11.1998 12 T 219/98
Landgericht Köln 20.05.1990 19 T 302/91
Landgericht Köln 20.01.1997 19 T 41/97
Landgericht Köln 22.02.1999 10 / 3/99
Landgericht Köln 25.04.1992 19 T 109/92
Landgericht Köln 27.02.1992 19 T 324/91
Oberlandesgericht Köln 03.04.1992 2 W 59/90
Oberlandesgericht Köln 05.06.1992 2 W 37/92
Oberlandesgericht Köln 20.11.1998 2 W 218/98


Gegenstand – Problematik:

Ein „beliebtes" Mittel im Rahmen der Zwangsvollstreckung seitens der Finanzbehörde war die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume der Steuerpflichtigen. Das wurde auch von den zivilrechtlichen Gerichtsvollziehern gerne so gemacht. Niemand erhoffte sich große Erfolge etwa durch Mobiliarpfändung; was hier betrieben wurde, war der reinste Psychoterror. Im Rahmen solcher Vollstreckungsmaßnahmen wurden Pfandsiegel so angebracht, dass sie unübersehbar waren. In einem Fall konnte der Betroffene nach einer solchen Aktion sogar Pfandsiegel auf einem Fernseher entdecken, mitten auf der Bildröhre drei, oben zwei, links und rechts jeweils zwei. Dieser Psychoterror bewirkte, dass Steuerpflichtige und andere Schuldner Unmögliches taten, sich sogar strafbar machten, um zahlen zu können.

Nun hatte Ende der „70er" das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass Vollstreckungsbeamte jedwelcher Art dies nicht mehr aus eigener Befugnis machten durften.

Für die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen zu diesem Zweck benötigten sie eine richterliche Durchsuchungsanordnung; der sog. Richtervorbehalt wurde eingeführt. Dieser Richtervorbehalt war aber völlig effektlos, weil die tägliche Praxis bei den Vollstreckungsgerichten so aussah, dass sie kommentarlos und kritiklos Anträge der Finanzverwaltung unterzeichneten, ohne überhaupt zu prüfen, ob die grundsätzlichen gesetzlichen Voraussetzungen gegeben waren. Das wurde zunächst auch von den Finanzgerichten, solange die zuständig waren, sanktioniert, weil nicht festgelegt wurde, was der Vollstreckungsrichter in einem solchen Fall im Rahmen der richterlichen Überprüfung zu tun hat.

Diese Verfahrensweise wurde auch von der gesamten Literatur und Kommentarmeinung gebilligt und von der Rechtspflege insgesamt mitgetragen. Der einzige, der auch dieses „heiße Eisen" anpackte, war ich. Ich erreichte drei obergerichtliche Entscheidungen des OLG Köln ( 2 W 59/90 v. 3.4.1992; 2 W 37/92 v. 5.6.1992; 2 W 215/98 v. 20.11.1998 ), die den sog. Richtervorbehalt mit Leben ausfüllten. Diese Entscheidungen wurden zwar unter der Hand regional und überregional gestreut, aber nicht veröffentlicht, sie fanden in der gängigen Kommentierung bis heute keinen Einfluss, so dass auch da feststellbar ist, dass tatsächlich ich der einzige bin, der das thematisierte; mit Erfolg.

Vollstreckung2.jpg

Bedeutung der Entscheidungen:

In diesen Entscheidungen wird den Vollstreckungsgerichten aufgegeben, was sie zu tun haben, was notwendige Antragsgrundlage ist, was der Richter zumindest prüfen muss, was ihm vorgelegt werden muss.

Unter dem Einfluss dieser Rechtsprechung wurde die Fiskalvollstreckung hier uneffektiv. Im Rahmen der beantragten Durchsuchungsanordnungen wurde rechtliches Gehör gewährt; in der Regel konnten die Finanzbehörden ( zumindest ) die formellen Voraussetzungen nicht erfüllen und wurden Anträge zurückgewiesen. Die Finanzverwaltung lief auch Sturm dagegen. Sie erreichte in den langen Jahren immer wieder von unteren Gerichten Entscheidungen, die hochgebracht werden mussten; neben den Kernentscheidungen des OLG Köln liegen eine Menge landgerichtlicher Entscheidungen vor, die das auch bestätigen. All das zeigt zusammengefasst, wie intensiv die Finanzverwaltung bemüht war, diese Folgen der Tätigkeit des Betroffenen zu beseitigen. Auch hier ist der vermeintliche „Schaden" in den Augen der Finanzverwaltung bis hin zu den Ministerien ein erheblicher.

Diese Rechtsprechung und diese Folgen haben auch Einfluss genommen in die Änderungen der Zivilprozessordnung. Wer die Durchsuchung zum Zwecke der Zwangsvollstreckung verweigert, was sein gutes Recht aus Art. 13 GG ist, wird nunmehr verpflichtet, die eidesstattliche Versicherung abzulegen, was in der Regel das wirtschaftliche Aus bedeutet. Das kritische Wirken des Betroffenen hatte also insoweit sogar Gesetzesänderungen zur Folge. Verweigert jemand die Durchsuchung der Wohnung ohne Durchsuchungsbeschluss, kann der Vollstreckungsbeamte ihn sofort zur Eidesstattlichen Versicherung (EV; heute: Abgabe des Vermögensverzeichnisses) laden. Die Abgabe der EV hatte in der Regel die Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz zur Folge.

Der "Staat", damit konfrontiert, dass ihm gerichtlich umfassend Willkür vorgehalten wurde, änderte das Gesetz so, dass diese Willkür durch eine andere ersetzt wird. Die EV war ein stärkeres Druckmittel.

Kurz gesagt - sinngemäß übertragen:

Wehren sich Bürger - zumal erfolgreich - gegen brutale Willkür, werden sie halt "niedergeknüppelt".